C h r o n i k

Die Schützenbruderschaft St. Fabian und Sebastian 1653 Selm e. V. wurde als Bürgerschützenverein der Stadt Selm nach dem zweiten Weltkrieg neu gegründet. Auf der alten Königskette findet man den Hinweis auf das erste Schützenfest im Jahr 1653. 2003 konnte somit das 350jährige Jubiläum gefeiert werden. Die Namensgebung mit den beiden Heiligen Fabian und Sebastian führt auf die Ortpatrone der Stadt Selm zurück, auf deren Patrozinium die damalige Pfarrkirche St. Fabian und Sebastian, heutige Friedenskirche (Selm), unterstellt war.

Zuvor soll noch erwähnt werden, dass sich der Name des Selmer Schützenvereins innerhalb eines Jahrhunderts dreimal geändert hat, dass er in dieser Zeit also vier Namen hatte. Der „Bürgerschützenverein Selm“ bekam 1906 den Namen: „Allgemeiner Bürgerschützenverein Selm“. Nach dem 2. Weltkrieg heißt es im Protokoll vom 27.3.1949: „Da die erste Plakette an der Königskette aus dem Jahre 1653 stammt mit der Aufschrift: ‚ Dieser Vogel dem jungen St. Fabianus’, soll der Versammlung der Vorschlag gemacht werden, dem Verein in Zukunft den Namen ‚Schützenbruderschaft St. Fabianus’ zu geben.“ Dies wurde zwei Monate später einstimmig angenommen. Und in der neuen Satzung vom 3.2.1952 erhielt der Verein den noch heute gültigen Namen: „Schützenbruderschaft St. Fabian und Sebastian“.

Ein Verein braucht Statuten, nach denen sich Verein und Schützenbrüder genauestens zu halten haben. Heute wird statt des Wortes „Statut“ dafür das Wort „Satzung“ benutzt. Nun ist noch der Entwurf eines solchen Statuts vorhanden, über dessen Annahme am 1. Oktober 1885 verhandelt werden sollte. Wie es dort heißt, seien über 100 Mitglieder zu der Versammlung erschienen. Aber mit der Genehmigung des Statuts dauerte es eine Weile. Erst im Mai 1905, also fast 20 Jahre später, wurde das Statut genehmigt. Worum es in den einzelnen Paragraphen des Statuts ging, und wie sich die Schützen im Laufe der Jahrzehnte damit auseinandersetzten, soll in einigen Beispielen gezeigt werden.

Der § 2 lautet: Der Zweck des Vereins ist:
a) Übung in Handhabung der Schusswaffe zur Stärkung der Wehrkraft des Vaterlandes
b) Gesellige Unterhaltung und Erweckung regen Bürgersinns durch Vereinigung aller Klassen der Bürgerschaft

Wie schon erwähnt gibt es jetzt „Satzungen“ statt „Statuten“. Die jetzt gültige Satzung unterteilt sich der soeben behandelte
§ 2 in vier Zwecke (statt in zwei):
a) Gesellige Unterhaltung und Erweckung des Bürgersinns
b) Vertiefung des Bruderschaftsgedanken zum Ausgleich sozialer Spannungen
c) Bestrebung zur Gesundung des öffentlichen und privaten Lebens im Geiste christlicher Sitte und Kultur
d) Pflege althergebrachten Brauchtums, wie Heimat- und Schützenfeste mit Königsschießen und Fahnenschlag.

Zunächst einmal können wir feststellen: Die „gesellige Unterhaltung“ ist vom zweiten auf den ersten Platz vorgerückt. Das entspricht schon lange dem wirklichen Vereinsleben. Bisher stand auf dem ersten Platz: „Übung in Handhabung der Schusswaffe…“. Das ist in der neuen Satzung erst an vierter Stelle und nur noch in dem Wort „Königsschießen“ zu erkennen.

In der Regel findet ein Schützenfest alle drei Jahre statt. Nur zu Jubiläen ist bisher davon abgewichen worden. In den schützenfestfreien Jahren findet traditionsgemäß ein Königsball statt, zu dem das Königspaar einlädt. Diese Anlässe finden bei den Schützen, ihren Angehörigen und den Bürgerinnen und Bürgern immer großen Anklang. Ebenso wird zu ein bis zwei Ausmärschen zwischen den Schützenfesten eingeladen. Nach dem Antreten geht es dann in geschlossener Formation mit Musik zum Zielort, an dem in geselliger Runde bei fester und flüssiger Nahrung die Schützenbrüder einige schöne Stunden mit vielen Besuchern verleben. Bei den Ausmärschen wird beim Scheiben und Gipsvogelschießen der Gipsvogelkönig ermittelt. Als Gastgeber finden sich immer Schützenbrüder, die ihr Gehöft oder sonstige geeignete Räume zur Verfügung stellen.

Brücke von der Geschichte zur Gegenwart: Die Bedeutung der Schützenvereine  

Zunächst müssen wir einen Blick auf die Situation der Menschen im Mittelalter werfen. Bei immer neuen Fehden und Kriegszügen hatte damals besonders die Landbevölkerung zu leiden. Auf ihr Leben und Eigentum wurde wenig Rücksicht genommen. Eine Stadtbevölkerung war durch die Stadtmauern und dadurch, dass viele Menschen zusammenwohnten, besser geschützt. Damals entstanden überall im Lande Schützengilden als eine organisierte Bürgerwehr. Doch gab es dann auch wieder Jahre der Ruhe. So war es ganz natürlich, dass die Schützen nun aus geselligem Anlass zusammenkamen. Daraus entwickelten sich die Schützenfeste, deren Tradition sich über Jahrhunderte erhalten hat. Selbstverständlich kann man diese Schützengilden nicht mit den Vereinen von heute vergleichen. So gab es keine regelmäßig durchgeführten Schützenfeste, besonders nicht in politisch unruhigen Zeiten. Das lässt sich auch bei den Selmer Schützenvereinen nachweisen. Aber erfreulich ist es, dass sich trotzdem durch die Schützengilden ein geselliges Leben in diesen Orten bis heute erhalten hat und so eine Brücke von der „Geschichtlichen Zeit“ zu unserem Leben „in den letzten 50 Jahren“ geschlagen wurde. Dass sich in Selm aber auch ganz allgemein bei den Schützenvereinen das Zusammengehörigkeitsgefühl zu allen Bürgern der Stadt erhalten hat, zeigte sich in den letzten 25 Jahren zweimal besonders gut. Als im Oktober 2002 während der „9. Selmer Woche“ an die Stadtwerdung Selm vor 25 Jahren gedacht werden sollte, haben alle sechs Selmer Schützenvereine von sich aus einen Sternmarsch zu dieser Feier zur Burg Botzlar durchgeführt, wie schon bei der Stadtwerdung 25 Jahre zuvor. Die folgenden Fotos mit den Fahnenträgern sind auf dem Sternmarsch 2002 aufgenommen worden. Von den 6 Schützenvereinen hier in Selm bestehen 5 schon über 100 Jahre. Doch ist es meistens unmöglich, das genaue Alter der Vereine anzugeben, da dafür die Unterlagen fehlen. So wird allgemein das älteste bekannte Schützenfest eines Vereins als Gründungsjahr gezählt.